Mit der feierlichen Eröffnung der Ostseepipeline Nord-Stream im November 2011 durch Angela Merkel und Wladimir Medwedjew fand gleichzeitig, wenn auch weniger beachtet, die Inbetriebnahme der Erdgasfernleitung OPAL (Ostsee-Pipeline-Anbindungs-Leitung) statt. Sie bindet die Ostseepipeline in das bestehende Erdgasverbundnetz Europas ein. Die Bauarbeiten für die 470 km lange Leitung fanden 2010 und 2011 statt. Sie verläuft zwischen Greifswald an der Ostsee und Olbernhau im Erzgebirge (Abb. 1). Der Bau dieser Leitung wurde in den drei betroffenen Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen intensiv geowissenschaftlich (geologisch und bodenkundlich) begleitet. Die ersten Ergebnisse können in den Brandenburgischen Geowissenschaftlichen Beiträgen (Heft 18/2011, 1/2) nachgelesen werden. Während in Sachsen großflächig Festgesteine an die Oberfläche treten, wurde der Aufschluss in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg überwiegend von quartären Ablagerungen geprägt.
Die OPAL wurde in einem offenen, max. 3,5 m tiefen Leitungsgraben verlegt (Abb. 2). Die Vorteile und Chancen der geowissenschaftlichen Begleitung liegen dabei auf der Hand. Der Aufschluss ermöglichte einen Einblick in die Lagerungsverhältnisse, der selbst mit einem dichten Bohrnetz so kaum möglich wäre. In Niederungsgebieten waren aufgrund der notwendigen Grundwasserabsenkung auch Sedimente aufgeschlossen, die unter Normalbedingungen nicht zugänglich sind.
Die geowissenschaftliche Begleitung wurde vom Bauträger, der Wingas GmbH in Kassel, sowohl finanziell als auch logistisch unterstützt. Die finanzielle Unterstützung kam drei Universitäten (TU Bergakademie Freiberg, TU Berlin und EMAU Greifswald) zugute. Die logistische Hilfe seitens der Wingas war für eine erfolgreiche Begleitung ebenfalls notwendig, da nur über den engen Kontakt zu den Bauleitern die Koordination der Geländearbeiten erfolgen konnte. Neben den Hochschulen waren auch die Mitarbeiter der geowissenschaftlichen Landesbehörden regelmäßig vor Ort, um die Profile aufzunehmen.
Alle am Projekt beteiligten Wissenschaftler arbeiteten unter einem enormen Zeitdruck und mit der Gewissheit, auch spektakuläre Aufschlüsse nur einmal zu Gesicht zu bekommen. Spätestens nach einer Woche, meist aber deutlich schneller, wurden die Gräben nach der Rohrverlegung wieder geschlossen. Oft musste innerhalb von Minuten entschieden werden, welche Aufschlüsse genauer aufgenommen und welche lediglich vom Grabenrand fotografiert werden. Für intensive Beprobungen blieb ebenfalls kaum Zeit. Es wurde versucht, pro Tag ein bis zwei Standardprofile detaillierter zu beschreiben und zu beproben. Dennoch konnten trotz der dünnen Personaldecke über 80 % des Grabenaufschlusses wissenschaftlich begutachtet werden.
Auch wenn im größten Teil des Trassenaufschlusses die nach dem bisherigen Kenntnisstand erwarteten Ablagerungen angetroffen wurden, so waren die Aufschlüsse, in Brandenburg z.B. der Stauchungsstrukturen bei Bad Freienwalde, beeindruckend und brachten deutlich detailliertere Erkenntnisse zur Genese der betreffenden Räume. Dennoch tauchte auch immer wieder Unerwartetes im Aufschluss auf. So scheint die Flussgeschichte der Spree bei Fürstenwalde komplexer zu sein als bisher angenommen. Auch das großflächige Vorkommen oberflächennaher tertiärer Ablagerungen in Südbrandenburg war in dieser Größenordnung nicht erwartet worden.
Olaf Juschus (Eberswalde)