Im März 2007 fand die von Dr. Sven Lukas (Universität Bern) organisierte quartärwissenschaftliche Exkursion nach Schottland statt. Die Exkursion bot den Teilnehmern fachlich ein breites Spektrum, um einen umfassenden Überblick über die Geomorphologie und Quartärgeologie Schottlands zu erhalten. In den sechs Tagen wurde eine Einführung in das Quartär Schottlands gegeben, wobei das Augenmerk hauptsächlich auf den glazialen und periglazialen Landformen und Sedimenten lag, die während der letzten Vereisungsperiode (Jüngere Dryas, 12,68 bis 11,59 ka BP) gebildet wurden und aufgrund schneller Deglaziation und mangels intensiver holozäner Überprägung hier sehr gut erhalten sind.
Am ersten Tag der Exkursion konnte sich die Gruppe ein Bild darüber machen, wie deutlich die glazialen Landformen in Schottland ausgeprägt sind. In der Nähe des Loch Lomonds im Midland Valley war ein morphologisch gut erhaltenes Drumlinfeld zu sehen, das vom letzten Inlandeis (Devensian Stage) gebildet wurde und während der Jüngeren Dryas überformt worden ist. Am Loch Lomond kann die Verbreitungsgrenze des Loch Lomond Stadials, welches in Schottland mit der Younger Dryas gleichzusetzen ist, erkannt werden. In diesem wissenschaftshistorisch bedeutenden Gebiet wies Simpson 1933 zum ersten Mal die Überprägung der während der letzten Eiszeit gebildeten Landformen nach, die während der Jüngeren Dryas erfolgte.
Ziel des zweiten Exkursionstages war das Rannoch Moor in den Western Highlands, ein Gebiet, in dem Golledge 2006 drei verschiedene Moränentypen von einander abgegrenzt hat. Diese landschaftsprägenden Moränen zeigen die Variabilität der klimatischen Bedingungen während der Jüngeren Dryas in den einzelnen Territorien Schottlands. Im Laufe der Exkursion wurde deutlich, dass, obwohl geomorphologisch und sedimentologisch innerhalb Schottlands eine große Einheitlichkeit für den Zeitraum der Jüngeren Dryas existierte, es dennoch markante Unterschiede in der Landschaftsüberformung der einzelnen Gegenden gibt.
Am Beispiel des Glen Roys wurde demonstriert, wie während der Jüngeren Dryas das Eis immer wieder lokal die Abflüsse der Flüsse River Roy und River Spey so stark blockiert hat, dass sich jeweils ein ausgedehnter Eisstausee herausbilden konnte, dessen Ausmaße durch die noch deutlich erkennbaren Uferterrassen in verschiedenen Höhenlagen nachzuweisen sind.
An der schottischen Westküste besuchten die Exkursionsteilnehmer im Glen Torridon das Tal der hundert Hügel ("Valley of a hundred hills"), ein Gebiet, welches durch die während der Jüngeren Dryas entstandenen "Hummocky moraines" gekennzeichnet ist. Hummocky moraines sind auf den ersten Blick durch scheinbar chaotische Sedimentationsverhältnisse geprägt und entstanden in situ u. a. in Form von debris flows als Produkt der Eisstagnation. Sven Lukas verdeutlichte an dieser Lokalität die typischen Sedimentationsformen der Hummocky moraines anhand eines Aufschlusses. Glaziale Taldurchbrüche und Fjordsysteme der Westküste Schottlands waren weitere Ziele des Exkursionstages.
In den NW Highlands wurden glazitektonische Sedimente und überfahrene Moränen der Jüngeren Dryas vorgestellt sowie deren charakteristische Sedimentologie und Morphologie aufgezeigt, wobei wiederum beispielhafte Hummocky moraines betrachtet wurden, die sedimentologisch die sogenannten "terrestrial ice-contact fans" repräsentieren. Die Exkursionsgruppe konnte sich außerdem ein Bild von der durch Sven Lukas rekonstruierten Eismassenausdehnung während der Jüngeren Dryas im Gebiet nördlich des Loch Shin machen und deren Grenzen anhand mehrerer Lokalitäten nachvollziehen.
Später war es möglich, an der Nordwestküste einige der ältesten Gesteine in Europa zu betrachten (Lewisian Gneis, datiert mit 3,0-2,8 Ga), die bis vor 420 Ma Teile des Kontinents Laurentia (Nordamerikanische-Grönländische Platte) gewesen sind. Durch die Kollision zwischen Laurentia und Baltica bildete sich ein neuer Kontinent (Laurussia), dessen Reste auch in Schottland anstehen.
Am letzten Tag der Exkursion durchwanderten die Exkursionsteilnehmer den Drumochter Pass in den Central Grampian Highlands. Dabei wurden die Ausdehnung und den Rückzug des lokalen Gletschers während der Jüngeren Dryas diskutiert. Die Deltaablagerungen eines Eisstausees konnten in verschiedenen Aufschlüssen untersucht werden.
Den Teilnehmern wurde somit im Laufe der Exkursion ein umfassender Einblick über die geologischen und geomorphologischen Prozesse in Schottland während der Jüngeren Dryas gegeben. Ein großer Dank gilt dem Exkursionsleiter Sven Lukas für die ausgezeichnete wissenschaftliche Führung und Organisation der Exkursion.
Dana Seehaus, Berlin